Tomas Jungbluth „Kammerflimmern“

Als der Autor mich anschrieb und anfragte, ob ich möglicherweise sein Buch einmal lesen und bitte auch rezensieren könnte, dachte ich mir: „Gut. Ich probiere es einfach mal.“

Hätte ich gewusst, auf was ich mich da einlasse, hätte ich vielleicht einmal darüber geschlafen.

Im Grunde bin ich eine „Main Stream Leserin“. Eine Fachliteratur und zur Entspannung gerne auch mal Mittelalter Romane Leserin. fast so gar Verschlingerin. Lesen bedeutet für mich: mein Fachwissen, neben den jährlichen Fachfortbildungen, durch Bücher oder vertiefende Literatur zu den Themen, die ich auf den Fachfortbildungen kennen gelernt habe, zu lesen oder zur Entspannung spannende Mittelalterromane. Mainstream halt.

Dieses Buch jedoch ist anders.

Es braucht, aus meiner rein persönlichen Wahrnehmung – das wird jeder Mensch anders empfinden – Mut sich diesem Buch zu widmen.

Rezesion

Das Buch Kammerflimmern hat mich sehr berührt. Was genaus mich an diesem Buch berührt hat, ist schwer zu beschreiben.

Es hat mich in seinen Bann gezogen, verwirrt, verwundert, die Frage in mir aufgeworfen: Wird hier die Beziehung von zwei Menschen mit Borderline beschrieben?

Teilweise habe ich mich geschämt, dem Autor emotional so nah zu sein, weil hier wirklich ein Seelenstrip mit Worten niedergeschrieben wurde.

Der Leser wird sehr nah mit den Empfindungen, dem Er-Leben, dem Zweifeln, der Überforderung und der Unsicherheit, ja auch den Selbstzweifeln, der Reflektion und den Selbst zweifeln, konfrontiert.

Im Grunde all das Seelen-Erleben, das jeder Mensch von sich selbst kennt.

Hier wird es in schonungsloser Offenheit vor dem Leser ausgebreitet. Mit Worten, die berühren, manchmal vielleicht auch abstoßen, aber auf jeden Fall den Leser in ihren Bann ziehen.

Als Leserin von Fachbüchern und Mittelalter Romanen brauchte ich einige Seiten, um mich an die Wortgewalt dieses Buches zu gewöhnen, auch an die radikale Offenheit in der Beschreibung der Gefühle.

Es ist bestimmt kein Main Stream Buch.

Es ist ein Buch für Menschen, die mehr verstehen wollen. Die bereit sind über Ihren eigenen Tellerrand und ihre eigenen engen Grenzen, in die sie ihre Mitmenschen einteilen, hinaus zu gehen.

Menschen, die sich auch einem ungewohnten Schreibstil öffnen können, bietet dieses Buch Einblick in das Leben und Er-Leben von hochsensitiven/hochsensiblen Menschen. Menschen, die mehr fühlen, mehr riechen, mehr schmecken, mehr sehen und mehr leben, als viele andere.

Mich hat das Buch in seinen Bann gezogen.

Hier schreibt ein Mann, der so ganz und gar nicht in die allgemein gültige (?) Beschreibung eines Mannes passt.

Tomas Jungbluth ist hochsensitiv, hinterfragt sich und seine Beziehungen, sein Verhalten. Ist weich, wo sich so manche Frau, aus seiner Wahrnehmung Stärke wünscht.

Tomas Jungbluth tritt hier als Sprecher für Männer auf, die ihre Gefühle zeigen, anstatt sie zu verstecken. Die geliebt werden wollen, auch wenn sie vermeintlich schwach sind.

Doch ist es wirklich Schwäche, sich in diesem wortgewaltigen Buch so sehr zu öffnen, sich öffentlich zu zeigen, mit all den Gefühlen, die einen Menschen, egal welchen Geschlechts, ausmachen?